Wir haben immer die Wahl…

…und die österreichischen politischen Parteien sind mit viel Kraft, finanziellem Aufwand und vielen Plakaten in den „Wahlkampf“ für die Nationalratswahl am 29. September eingestiegen.
Dabei hat ein Plakat der Freiheitlichen Partei mit dem Slogan „Euer Wille geschehe“ besonders viel Aufmerksamkeit erreicht und zu unzähligen Kommentaren – manchmal auch sehr oberflächlichen – in allen Medien, so auch in den „sozialen Medien“ geführt. Sehr tiefgehend und umfassend waren in der Furche der Kommentar der Wiener Pastoraltheologin Regina Polak sowie ein Text von Stephan Schulmeister und Karl Immervoll zur Frage, ob für Christ:innen die FPÖ wählbar ist?! Er wurde auf www.demokratieundrespekt.at veröffentlicht und in einer Pressekonferenz auch vorgestellt.

Christentum und Rechtsextremismus „nicht vereinbar“
Für das Bündnis Demokratie und Respekt sind Christentum und Rechtsextremismus nicht vereinbar. Die FPÖ sei deshalb „unwählbar“, hieß es bei einem Medientermin am im Cafe Landtmann in Wien. Ökonom und Bündnissprecher Stephan Schulmeister sagte: „Beide Weltanschauungen widersprechen sich fundamental.“ Besorgt stimmte ihn die Verwendung christlicher Begriffe auf FPÖ-Plakaten. Parteichef Kickl habe sich zuletzt „verändert“, so Schulmeister.
POSITIONEN DER CHRISTLICHEN KIRCHEN UND RECHTSEXTREMER PARTEIEN IM
VERGLEICH
Christliche und rechtsextreme Weltanschauung widersprechen sich fundamental. Dies betrifft das Verständnis von Grundbegriffen wie Volk, Nationalstaat, Internationalismus, Solidarität oder Menschenrechte ebenso wie die Haltung zu Problemen wie Flucht, Migration, Sozialstaatlichkeit, Geschlechter (Ungleichheit) oder die Klimakrise.

ZUM VERSTÄNDNIS VON VOLK, DEMOKRATIE UND SOLIDARITÄT
Die deutsche Bischofskonferenz stellt im Februar 2024 in ihrer Erklärung „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“ fest (https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2024/2024-023a-Anlage1 Pressebericht-Erklaerung-der-deutschen-Bischoefe.pdf): „Der Rechtsextremismus behauptet die Existenz von Völkern, die angeblich in ihrem ‚Wesen‘ und in den kulturellen Lebensgestalten scharf von den anderen Völkern abgegrenzt werden können. (…) Das Volk ist für diese Ideologie eine Abstammungs-, letztlich eine Blutsgemeinschaft. Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft, religiöser Zugehörigkeit und kultureller Prägung wird von diesem Denken deshalb prinzipiell infrage gestellt, wenn nicht gar verworfen. Das Volk wird als ‚Ethnos‘ gedacht, als Gemeinschaft der ethnisch und kulturell Gleichen oder Ähnlichen. Dies ist die Ideologie des völkischen Nationalismus.“ (S. 2). Auch wenn diese Aussage unmittelbar auf die AfD in Deutschland abzielt, so trifft sie doch auch auf die FPÖ zu. Denn diese ist die engste Verbündete der AfD und stellt mit ihr und Orban’s Fidesz die radikalste der rechtsextremen Parteien in Europa dar. So will die FPÖ Österreich zu einer „Festung“ ausbauen nach Orbans Vorbild und befürwortet eine Aussiedelung von Millionen „Fremden“ („Remigration“). In seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ kritisiert Papst Franziskus den Volksbegriff der Populisten: „Die geschlossenen populistischen Gruppen verzerren das Wort ‚Volk‘. Wovon sie reden, ist nämlich in Wirklichkeit kein echtes Volk. In der Tat ist die Kategorie ‚Volk‘ offen. Ein lebendiges, dynamisches Volk mit Zukunft ist jenes, das beständig offenbleibt, indem es in sich das aufnimmt, was verschieden ist. (…..) Auf diese Weise kann es sich weiterentwickeln. (Fratelli tutti Nr. 160). Es ist also die Vielfalt und ihre Durchmischung, die bereichert und Neues entstehen lässt (wie in der Evolution allgemein). „Denken wir daran: Unterschiede sind kreativ, sie erzeugen Spannungen und in der Auflösung einer Spannung liegt der Fortschritt der Menschheit.“ (Fratelli tutti Nr. 203)
www.demokratieundrespekt.at – https://www.demokratieundrespekt.at/wp-content/uploads/2024/08/Christentum_Hintergrundinformationen.pdf

Wählen mit Mut, Vernunft und Zuversicht
so der sozialethische Kompass der KAB – Katholische Arbeitnehmer:innen Bewegung Österreich zur Nationalratswahl 2024, den sie in einem Brief an alle Religionspädagog:innen Österreichs versandt hat. www.kaboe.atkab.office@kaoe.atwww.kaoe.at

Kirchliche Kritik an FPÖ-Wahlplakat “Euer Wille geschehe”
Bischofskonferenz-Generalsekretär Schipka im Kathpress-Interview gegen “spielen mit Worten, die für Menschen heilig sind” – Theologin Polak in “Furche”: “Zynisch-spottende Ankündigung eines politischen Projektes zur Zerstörung der liberalen, menschenrechtsbasierten Demokratie und ihrer Institutionen” – Lilienfelder Abt Maurer: Nicht alles gefallen lassen – KAÖ-Präsident Kaineder: “Parodie des Christlichen” und Zeichen mangelnder Ernsthaftigkeit Wien, Mit zum Teil harscher Kritik haben Stimmen aus der Katholischen Kirche auf die aktuellen FPÖ-Wahlplakate mit dem Slogan “Euer Wille geschehe” reagiert. “Dieser Satz spielt mit einem Zitat aus der Bibel, und noch dazu mit dem wichtigsten Gebet, das Christinnen und Christen kennen”, hielt der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, am Donnerstag im Interview mit Kathpress fest, und sagte: “Leider kommt so etwas im wirtschaftlichen und politischen Marketing immer wieder vor. Wer das tut, dem muss bewusst sein, dass er mit etwas spielt, das Menschen heilig ist und damit diesen Menschen nicht die Wertschätzung entgegenbringt, die sie verdienen.” 29.08.2024 (KAP)

Theologin Polak: Nicht „nur“ Blasphemie
Schwerere Geschütze fuhr die Wiener Theologin Regina Polak in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Furche“ auf. Wenn die FPÖ-Slogans in Anlehnung an das Vaterunser-Gebet plakatiert, sei das, so Polak, „die zynisch-spottende, nichts und niemanden ernst nehmende Ankündigung eines politischen Projektes zur Zerstörung der liberalen, menschenrechtsbasierten Demokratie und ihrer Institutionen“. FPÖ-Chef Herbert Kickl und seine Gesinnungsgenossen würden nicht an religiöse Gefühle appellieren, sondern diese verspotten, so Polak: „Sie wissen, dass die österreichische Gesellschaft religiös ausgehöhlt ist. Das verächtliche Spiel mit religiösen Assoziationen steht ausschließlich im Dienst der schamlosen Durchsetzung von Machtinteressen“. Die assoziative Verbindung mit nationalsozialistischen Vorstellungen („Volkswille“) sei zudem die Hülle des „blanken Willens zur Macht“. Das Plakat sei deshalb nicht „nur“ Blasphemie, sondern Ausdruck einer „postmodernen Dämonie“. Blasphemie lästere zwar, anerkenne aber immer noch die Wirklichkeit Gottes. „Eine Dämonie anerkennt nur mehr irdische Macht und leugnet faktisch die Existenz Gottes, ungeachtet dessen, was öffentlich verkündet wird“, so die Leiterin des Instituts für Praktische Theologie der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Polak spricht auch von einer „bösartigen Energie“, die sich in solchen Plakaten zeige.

+ Vorbereitung für die zweite Synodenversammlung im Oktober 2024

Lackner: Nach anfänglicher Synoden-Begeisterung nun Ernüchterung Vorsitzender der Bischofskonferenz bei Linzer Workshop zum Synodalen Prozess: Indifferenz besser aushalten, “Akte des Unterscheidens” nicht gelungen, offen bleiben für “Geist Gottes, der uns führt und leitet” Ernüchtert über die Rezeption des weltweiten Synodalen Prozesses in Österreich hat sich Erzbischof Franz Lackner gezeigt. Zur anfänglichen Begeisterung habe sich nun “auch Ernüchterung gesellt”, sagte der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz bei einem internationalen Synodentreffen und dreitägigen Workshop, der am Donnerstag in Linz eröffnet wurde. “Wir haben uns redlich bemüht”, bilanzierte Lackner den Einsatz gleichermaßen auf Ebene der Bischofskonferenz bis hinein in die Diözesen. Es habe Anhörkreise ebenso gegeben wie Sitzungen der Theologenkommission und eine breite Rezeption und Weiterarbeit an den Berichten. Und doch orte er Leerstellen, die dazu führten, dass die Stimmung im Blick auf die Synode “eher zurückhaltend, zuweilen auch resignierend” sei, so Lackner. Eine Leerstelle betreffe das Thema der Indifferenz: Zwar habe sich die Methode der sogenannten Anhörkreise “wirklich bewährt”, so Lackner – in ihnen konnte das Gesagte “immer gut im Sinne der Indifferenz” stehenbleiben. Doch wenn es dann darum ging, die Themen weiterzuentwickeln und eine gemeinsame Position zu finden, sei es mit der Indifferenz rasch vorbei gewesen: “‘Jetzt muss sich etwas ändern!’, konnte man immer wieder hören und: man wusste auch schon, was geändert gehört.” Auch sei bei vielen Anhörkreisen der “Akt des Unterscheidens” nicht gelungen, bedauerte Lackner. “Das Hören führte schnell und unvermittelt in gewünschte Entscheidungen. Ich meine, das Unterscheiden sollte zuerst einmal Unterschiedliches in einem Akt der Vielfalt darstellen.” KATHPRESS-Tagesdienst Nr.211, 29. August 2024

Theologe Halik: Synodalität keine bloße Nachbildung von Demokratie Religionsphilosoph hielt in Linz Einführungsreferat bei Arbeitstreffen der Europa-Delegierten der Weltsynode über Synodalität – Halik: Prinzip der Synodalität kann auch Erneuerung der heutigen politischen Demokratie anregen, die “anfällig für Populismus und die Anziehungskraft autoritärer Systeme ist” Linz, 29.08.2024 (KAP) Zum Ringen um “eine Kirche, die begleitet” und zur Verwandlung der ganzen Menschheitsfamilie in eine “Weggemeinschaft” beiträgt, ruft der Religionsphilosoph Thomas Halik auf. Die synodale Erneuerung der Kirche solle weder eine Nachbildung des demokratischen Systems im Sinne der Mehrheitsregel sein noch der Art und des Zustands der Demokratie in der heutigen politischen Arena, sagte Halik in seiner Einführung zum Arbeitstreffen der Europa-Delegierten zur kommenden zweiten Session der Weltsynode über Synodalität.
Linz, 29.08.2024 (KAP) www.katholisch.at

+ gelesen:
Daniel Kosch auf www.feinschwarznet.at  über das BuchvonJudith Hahn und Adrian Loretan „Kanonistik – Rechtswissenschaft oder Theologie“

Gleichzeitig mit der Frage, ob die Kirchenrechtswissenschaft in erster Linie Rechtswissenschaft oder Theologie ist, verhandeln Judith Hahn und Adrian Loretan in ihrem neuen Buch die Frage mit, was Kirchenrecht ist, wozu es dient und im Dienst welcher Zukunft von Kirche es steht. Deshalb ist die von Daniel Kosch vorgestellte Publikation nicht nur für Fachleute von Interesse. Die Redensart «Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte» wird oft mit einem hämischen Unterton verwendet. Anders liegen die Dinge im Fall des «Streites», den Judith Hahn und Adrian Loretan in ihrem Buch austragen, das ideal in die Reihe der «Quaestiones disputatae» passt. Denn dieser «Streit», der seinen «Sitz im Leben» in Frühstücksgesprächen an Fachtagungen hatte, war für Autorin und Autor spürbar produktiv und bereichernd. Und bei jenen, die ihn als Lesende:r aufmerksam verfolgen, hinterlässt er nicht Schadenfreude, sondern den Eindruck, wie bereichernd es ist, wenn unterschiedliche Positionen nicht (wie in Sammelbänden üblich) nebeneinandergestellt werden, sondern miteinander ins Gespräch kommen. Thema der freundschaftlichen Disputation der in Bonn lehrenden Kirchenrechtlerin Judith Hahn und des in Luzern lehrenden Kirchen- und Staatskirchenrechtlers Adrian Loretan ist die Frage, ob die Kirchenrechtswissenschaft primär als Rechtswissenschaft (so Loretan) oder als Theologie (so Hahn) zu verstehen und zu betreiben ist. Auf den ersten Blick mag diese wissenschaftstheoretische Frage abgehoben und praxisfern klingen. Aber schon nach der Lektüre der Einleitung ist klar, dass sie weitreichende Folgen hat. Versteht man die Kanonistik mit Loretan als Rechtswissenschaft, rücken der Dialog mit der neuzeitlichen, fundamental vom Menschenrechtsdenken geprägten Rechtswissenschaft und rechtsphilosophische Fragen ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Versteht man Kirchenrechtswissenschaft jedoch mit Hahn als praktische Theologie und Kirchenrecht als Applied Ecclesiology, kommt stärker der Betroffenenstandpunkt und damit die Frage in den Blick, «welche ekklesiologischen Normen die Entstehung eines bestimmten Rechts bedingen» (91).

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