Ein Brief an die Frauen

Nachstend ein Brief der Frauenkommission der Diözese St. Pölten. Er ist an die Frauen adressiert, die sich in unserer Diözese engagieren. Wir möchten mit diesem Brief Frauen in diesen Zeiten Mut machen und bestärken.

Liebe Frauen!
Was für herausfordernde Zeiten, in denen wir leben!
Lauter Krisen ringsherum: Klimawandel, Russlands Krieg in der Ukraine, die Corona-Pandemie, Spaltungen in der Gesellschaft, Missbrauchsskandale in der Kirche … Immerdeutlicher wirkt sich das alles auch in unserem persönlichen Alltag aus. Wir erleben Teuerung, zerbrechende Beziehungen, psychische Belastungen (insbesondere bei vielen Jugendlichen), ausdünnende Pfarrgemeinden, …
Als Frauenkommission der Diözese St. Pölten wissen wir, dass Frauen in allen Krisen besonders viel leisten. Frauen tragen nach wie vor einen Großteil der Sorge um Kinder und pflegebedürftige Angehörige, um Beziehungen und Zusammenhalt. Auch kirchliches Leben wird an der Basis vor allem von Frauen gestaltet.
Als Christinnen dürfen wir aus der Hoffnung leben!
Mitten in allen Schwierigkeiten und Sorgen können wir auf Gottes Gegenwart vertrauen. Gottes Geistkraft ist uns in Taufe und Firmung zugesagt. Als Mitglieder einer „königlichen Priesterschaft“ (vgl. 1 Petr 2,9) sind wir begnadet, begabt und beauftragt. Wir können einander trösten und aufrichten, ermutigen und Gottes Heil zusagen, füreinander und miteinander beten und einander die Hoffnung stärken. Hoffnung lässt uns hier und heute für das Gute, für Menschlichkeit, für Gerechtigkeit und Frieden, Zuwendung und Anteilnahme einstehen.
Wir schreiben euch diesen Brief, um einander als Frauen mit unseren Berufungen in der Kirche Mut zu machen. Wir erleben derzeit unsere Kirche, gerade auch in unserer Diözese, vielerorts als gespalten
und für immer weniger Menschen eine Hilfe im Leben. Wir erleben, dass für manche Amtsträger Beteiligung der Laien ein Fremdwort zu sein scheint und uns die Rede von Synodalität oft wie eine Mogelpackung vorkommt. Uns schmerzt, dass Frauen in unserer Kirche immer noch oft abgewertet und generell von den Weiheämtern ausgeschlossen werden. Wir erfahren Kirche zugleich als Gemeinschaft auf Augenhöhe in der Nachfolge Christi und in der Freude des Hl. Geistes. Wir schöpfen aus unserem gemeinschaftlich gelebten
Glauben Freude, Trost und Hoffnung. Wir erleben in vielen Gruppen, Gemeinschaften, Pfarren und Bewegungen heilsame Lebendigkeit und gelebte Liebe. Wir sehen auch gesamtkirchlich Aufbruchszeichen.
Insbesondere die genaue theologische Arbeit des Synodalen Weges der katholischen Kirche in Deutschland sehen wir als zukunftsweisend an. 91% aller Delegierten und dreiviertel aller Bischöfe haben ein Grundlagendokument angenommen, das den Ausschluss von Frauen von den Weiheämtern als skandalös bezeichnet und die theologischen Argumente für eine Zulassung klar darlegt. Das macht unsere Hoffnung auf positive innerkirchliche Entwicklungen wieder stärker.
Sr. Philippa Rath OSB, Delegierte für die Frauenorden beim deutschen Synodalen Weg, Autorin des Buches „Weil Gott es so will. Frauen erzählen von ihrer Berufung zur Diakonin und Priesterin“ (Herder 2021), sagt in einem Interview: „Ich lese einen sehr großen Leidensdruck. Alle Frauen kommen mitten aus der Kirche. Einige noch kämpferisch und engagiert für ihre Berufung – bei allen spüre ich Wut; Andere drücken starke Frustration und Resignation aus; Immer geht es um eine Berufung, die nur aufgrund ihres Geschlechts nicht sein darf.“… „Die Kirche schadet sich selbst, wenn sie die Charismen der Frauen nicht würdigt und Frauen nicht beteiligt. Es ist eine ‚amputierte Kirche’. Mit Frauen bekäme die Seelsorge ein anderes Gesicht, die Qualität der Kirche wäre eine andere.“
Wir bitten euch alle, in eurem Engagement für das Reich Gottes, im solidarischen Handeln und der konkreten Nächstenliebe nicht nachzulassen und euch auch weiterhin am Aufbau der Kirche zu beteiligen, an welchem Eck auch immer. Nutzt eure Möglichkeiten, hört auf eure Berufung und bringt eure Gaben dort ein, wo sie
Gutes bewirken können. Lasst euch die Hoffnung nicht nehmen und öffnet euer Herz, inmitten aller Krisen dieser Welt, nur noch weiter für die Freude und die Liebe.
Gottes heilige Geistkraft möge euch erfüllen, leiten und schützen!
In herzlicher Verbundenheit
Die Frauenkommission der Diözese St. Pölten
Für die Vollversammlung der Vorstand: Anna Rosenberger (Vorsitzende), Angela Lahmer-Hackl (stv. Vorsitzende), Veronika Prüller-Jagenteufel (stv. Vorsitzende), Regina Sprinzl, Magdalena Ganster

Wider alle Hoffnung glauben viele Frauen, dass Umdenken und Erneuerung möglich sind, dass es sich lohnt, neu zu denken und Kirche anders zu leben, Dienste und Ämter auf andere als klerikale Weise zu sehen und wahrzunehmen und anzuerkennen, wie viel an Seelsorge, an Diakonie, an gelebter Liebe und echter, auch priesterlicher Nachfolge schon heute von unendlich vielen Frauen getan wird. (Sr. Philippa Rath, OSB)